Es ist nie zu spät für gutes Benehmen, mögen sich manche Eltern wahrscheinlich immer noch sagen. Doch was passiert, wenn die eigenen Kinder größer werden und noch nicht mal die Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens beherrschen?
In vielen Familie wiederholt sich regelmäßig folgende Situation. Das Abendessen ist fertig. Doch die Kinder überhören alle liebevollen Aufforderungen, sich zu an den Tisch setzen. Bei uns läuft das meistens so: Sobald das Essen auf dem Tisch steht, meldet sich bei “Kind eins“ die Blase. Plötzlich muss es “echt dringend“ aufs Klo. Da es sich bei “Kind eins“ aber um einen waschechten Digital Native handelt, legt dieser Sprössling selbst im Rahmen eines Badezimmerbesuches das Smartphone niemals aus der Hand.
“Kind eins“ kommt in den Flow
Manchmal gerät “Kind eins“ bei diesen Badezimmerbesuchen dann in einen komischen Zustand. Neudeutsch würde man das heutzutage wohl “Flow“ nennt. Ist “Kind eins“ im Flow, dann verschmilzt es mit seinem Smartphone und vergisst die Zeit. Im Flow nimmt man sich gar nicht mehr wahr. Es entsteht ein intensives Gefühl von Stimmigkeit. Selbst Heranwachsende fühlen sich dann eins mit dem, was sie denken und tun. So geht es auch “Kind eins“. Im Badezimmer bleibt es meistens deshalb ein bißchen länger.
“Kind zwei“ mag keine Hauptmahlzeiten
Doch das ist noch nicht das Ende der Geschichte: Auch “Kind zwei“ stellt sich gerne schwerhörig, wenn es um mütterliche Aufforderungen zur Nahrungsaufnahme geht. Aber die Ursachen für sein Verhalten sind andere: “Kind zwei“ mag keine Hauptmahlzeiten.
Regelmäßige Nahrungsaufnahme ist ihm ein echter Gräuel. Über den Ort und den Zeitpunkt seiner Nahrungsaufnahme will “Kind zwei“ am liebsten selber entscheiden. Eine Laugenbrezel hier, ein Joghurt da und dann vielleicht noch ein paar Chips: “Kind zwei“ locken die Snacks. Soll “Kind zwei“ dann zum Abendessen kommen, ist jedes Hungergefühl weg.
Alles vergebens
Manchmal – nach langem Rufen und Drängen erscheinen “Kind eins“ und “Kind zwei“ aber dann doch am Familientisch. Und setzen sich. Wenn man das so nennen darf: Während “Kind eins“ vorzugsweise eine möglichst bequeme Esshaltung einnimmt, rutscht “Kind zwei“ am liebsten auf seinem Po herum. “Setzt euch richtig hin“, “Hört’ bitte auf so rumzuwackeln“ – höre ich mich jetzt sagen. Alles vergebens.
Plötzlich platzt es aus mir heraus: “Jetzt benehmt euch doch endlich!“ Nach kurzer Denkpause bestehen “Kind eins“ und “Kind zwei“ dann darauf, sich in keinem Fall maßregeln zu lassen. Soweit würden sie es nicht kommen lassen – “no way“. Schließlich hätten sie Mama ja schon mal beim Schmatzen und Papa schon mal beim Kleckern erwischt.
Und wir Eltern spüren, dass spätestens jetzt der Moment gekommen ist, um in uns zu gehen. Zum Glück gibt es immer wieder Leute, die sagen, dass man gutes Benehmen lernen kann. Sogar mit der ganzen Familie.