Machen Kinder glücklich? Das fragen sich heute immer mehr Menschen. Auch manche Eltern.
Am letzten Wochenende hatte ich Besuch von einer alten Freundin, die keine Kinder hat. Ihr Lebensmotto könnte ungefähr so lauten: Stets den eigenen Wünschen nachgehen und das Leben in vollen Zügen genießen. Lebensfreude strahlt diese Freundin aus. Sie reist seit Jahren um die Welt, hüpft von einem Sabbatical zum nächsten und das Glück scheint ihr aus allen Poren zu triefen.
Gut – ich gebe es zu: Ich bin neidisch. Wenn ich es mir genauer überlege, bin ich neidisch auf ihre Freiheit. Denn etwas Gutes hat mein fortgeschrittenes Alter dann doch: Heute kann ich mir meinen Neid endlich offen eingestehen. Das war nicht immer so: Ende 20 habe ich heimlich meine Freundinnen mit tollen Jobs in der Medienbranche beneidet, und Anfang 30 war ich dann neidisch auf alle Frauen, die stolz ihre Babybäuche präsentierten. Heute sind mir prestigereiche Jobs egal und ich freue mich über jeden Babybauch. Aber ich bin neidisch auf Frauen, die völlig selbstbestimmt leben.
Kinder kriegen reicht nicht aus
Klar, es hat sich längst rumgesprochen: Kinder kriegen allein reicht nicht aus, um Menschen glücklicher zu machen. Und nicht nur das: “Das Elternsein ist eine der schwersten Umwelt-Herausforderungen, der man sich freiwillig aussetzen kann“, sagte der Immunologe Adrian Liston von der Universität Leuven vor einigen Jahren gegenüber dem Fachmagazin “Nature Immunology“. Schlafmangel, Stress, chronische Infektionen und alle anderen Begleiterscheinungen des Elternseins führen dazu, dass etwa die Hälfte aller Paare, die sich scheiden lassen, laut Statistischem Bundesamt minderjährige Kinder haben. 40 Prozent der betroffenen Paare trennen sich sogar binnen eines Jahres nach der Geburt des ersten Kindes.
Für die, die trotzdem zusammen bleiben, stellt sich mitunter die Frage, ob Elternschaft tatsächlich Lebensglück bedeutet. Denn gerade Mütter aber natürlich auch viele Väter wissen: Der Familienalltag frisst manchmal sämtliche Glücksgefühle. Und zwischen sorgen, kümmern und für die anderen da sein, bleibt alles, was einem schön, hell und entspannt vorkommt, auf der Strecke. Dann ertappen wir uns dabei, dass wir ganz nebenbei auf unsere kinderlosen Freunde schielen und uns vorstellen, wie das Leben ohne Kinder verlaufen wäre. Heimlich natürlich.
Kinder machen glücklich, wenn sie ausgezogen sind
Forscher der Universität Heidelberg haben jetzt herausgefunden, dass Eltern glücklicher sind als Kinderlose, allerdings erst, wenn der Nachwuchs nicht mehr zuhause lebt. Als Zeitungsnachricht erschien mir das so lustig, dass ich lachen musste, obwohl ich irgendwie versucht habe, nicht zu lachen. Ganz im Ernst aber mal: So ein Forschungsergebnis ist ein echter Lichtblick für alle jungen und vor allen Dingen nicht mehr ganz so jungen Eltern. Ja, und eigentlich wussten wir es doch schon immer – die positiven Aspekte von Kindern und Familie überdecken alle negativen Erfahrungen. Denn je älter wir werden, desto mehr bereichert unserer Nachwuchs, der gleichzeitig älter und damit selbstständiger wird, unser soziales Netz. Diese Betrachtungsweise macht gute Laune.
Die Welt durch eine positive Linse betrachten, das ist heute sowieso gefragt wie nie. Also betrachten wir unser Elterndasein doch ein wenig durch die rosarote Brille und freuen uns schon heute darauf, was für ein hervorragendes Verhältnis wir eines Tages zu unseren erwachsenen Kindern haben werden. Aber eins nach dem anderen: Erst mal die Küche aufräumen. Dann mit dem Kleinen für die Deutscharbeit lernen. Dann mit der Großen schimpfen, die wieder zu lange Netflix guckt. Dann die Kinder ins Bett. Und dann noch ein paar Rechnungen bezahlen.